Risikoschwangere
Allgemeine Informationen zum Thema Risikoschwangerschaft
Zunächst ist eine Schwangerschaft keine Krankheit. Wenn Sie schwanger werden, werden Sie nicht dadurch krank. Sie werden daher bei uns nicht als Patientin behandelt. Sie werden vielmehr als schwangere Frau betrachtet. Und als schwangere Frau genießen Sie eine Betreuung im Rahmen der Schwangerenvorsorge. Vorrangiges Ziel der Schwangerenvorsorge ist die frühzeitige Erkennung und Überwachung von Risikoschwangerschaften und Risikogeburten. Wenn ich von einer Risikoschwangerschaft spreche, sollten Sie als werdende Mutter nicht erschrecken. Mit Risikoschwangerschaft ist gemeint, dass mögliche Risiken durch besonders intensive Vorsorgeuntersuchungen und eine erweiterte Überwachung frühzeitig erkannt und behandelt werden sollen.
Bei der Schwangerenvorsorge stehen sowohl Sie als auch Ihr Baby im Vordergrund.
Bei Ihrem Baby gilt es, frühzeitig Regelwidrigkeiten der Fruchtanlage oder der intrauterinen Entwicklung und fetale Erkrankungen zu entdecken. Bei Ihnen sollen Störungen im Schwangerschaftsverlauf erkannt und einer rechtzeitigen Theperapie zugeführt werden. Normalerweise verläuft eine Schwangerschaft ohne nennenswerte Störungen. Es können jedoch Probleme auftreten, die eine normale Geburt verhindern.
Wir unterscheiden folgende Risikogroppen:
- kein bzw. sehr geringes Risiko: z. Z. ist nach bisherigen Erkenntnissen kein Risiko bei Ihnen und bei Ihrem Baby erkennbar
- geringes Risiko: eine oder mehrere Indikationen sprechen aus Erfahrungen dafür, dass Sie hier entsprechende Vorsorgemaßnahmen treffen sollten.
- hohes Risiko: die medizinischen und/oder sozialen Indikationen sprechen dafür, dass Sie hier sehr sorgfältig mit Ihrer Schwangerschaft umgehen sollten.
Die Vorsorgemaßnahmen richten sich nach der Einstufung in eine der Risikogruppen. Diese Einstufung kann sich während des Schwangerschaftsverlaufes ändern, wenn neue Erkenntnisse gewonnen werden, die eine Umstufung nötig machen.
Eine Einstufung in eine Gruppe mit hohem Risiko bedeutet nicht, daß Sie Ihre Schwangerschaft zwangsläufig nicht mit einem gesunden Baby beenden könnten. Sie sollten jedoch mit Ihrem Arzt die Vorsorgemaßnahmen abstimmen, um eine eventuelle problematische Geburt zu vermeiden.
Die spezielle Ultraschalluntersuchung der Risikoschwangerschaft wird in unserer Praxisgemeinschaft durch Dr. med. Jan Helmes Stähler sichergestellt. Dr. Stähler hat seine Weiterbildung an der Universitätsfrauenklinik Frankfurt und der Universitätsfrauenklinik Erlangen absolviert. Zuletzt war er Oberarzt an der Städtischen Frauenklinik in Fulda und hat dort die Abteilung für Pränataldiagnostik geleitet. Dr. Stähler arbeitet als Pränatalmediziner mit der Zulassung für die Ultraschalldiagnostik DEGUM II.
Kriterien einer Risikoschwangerschaft
Wann eine Risikoschwangerschaft vorliegt, kann man anhand Kriterien erkennen:
- Familienanamnese
- Persönliche Anamnese
- Schwangerschaftsverlauf
- Geburtsverlauf
Im folgenden sind die Kriterien nach Gruppen aufgelistet. Das Auftreten einzelner Merkmale erlaubt in der Regel noch keine Aussage über das mögliche Risiko. Wir müssen alle Informationen analysieren, um eine fundierte Aussage treffen zu können.
Familienanamnese
(genetisch-bedingte Risikofaktoren in Ihrer Familie)
- extragenitale Erkrankungen
- genitale Erkrankungen
- erhöhtes genetisches Risiko
- erhöhtes Infektionsrisiko
Persönliche Anamnese, auch Eigenanamnese genannt
(Risiken, bedingt durch Ihre persönlichen genetischen, sozialen Faktoren oder vorangegangenen Geburten bzw. Schwangerschaften)
- extragenitale Erkrankungen
- genitale Erkrankungen
- erhöhtes genetisches Risiko
- erhöhtes Infektionsrisiko
- gefährdende Lebensgewohnheiten (Rauchen, Alkoholkonsum, Drogen, etc.)
- Komplikationen bei vorangegangenen Schwangerschaften vorausgegangene Sterilitätsbehandlung
- mehrere vorausgegangene Geburten
- vorausgegangene Fehlgeburten
- Alter (jünger als 18 oder älter als 35 Jahre)
- Rasche Schwangerschaftsfolge (weniger als 1 Jahr)
Bisheriger Schwangerschaftsverlauf
(unvorhersehbare Probleme, die während Ihrer jetzigen Schwangerschaft auftreten)
- körperlicher Zustand
- Streß
- mütterliche Erkrankungn und Infektionen in der Schwangerschaft
- Schwangerschaftserkrankungen
- drohende Frühgeburt bzw. Zervixinsuffizienz
- Blutungen, Fruchtwasser- oder Plazentaanomalien
- vorzeitiger Blasensprung
- Mehrlinge
- pathologische Kindslage
- Übertragung
Geburtsverlauf
- Frühgeburt
- intrauterine Mangelentwicklung
- protrahierter Geburtsverlauf
- Fieber unter der Geburt
- regelwidrige Kindslage
- Mehrlinge
- Nabelschnurkomplikationen
- Symptome der intrauterinen Gefährdung des Kindes
- Hydramnion, Oligohydramnion
Prägravide Vorsorge (Maßnahmen vor der Schwangerschaft)
Liefert Ihre Anamnese Grund für die Annahme, dass genetische Risikofaktoren vorliegen könnten, wird Ihnen und Ihrem Partner eine genetische Familienberatung bereits vor der Planung einer Schwangerschaft empfohlen.
Bei der genetischen Familienberatung wird ein Stammbaum aus Ihrer persönlichen und der Familienanamnese erstellt. Dieser und evtl. zusätzliche genetische Untersuchungen Ihrer Eltern, der Eltern Ihres Partners und weiterer Familienmitglieder werden ausgewertet, um eine detaillierte Diagnose zu erhalten.
Die Ermittlung des genetischen Risikos für die jeweilige Fragestellung soll ein klares Bild von der möglichen Belastung durch die Krankheit, von Behandlungsmöglichkeiten und anderen Konsequenzen liefern. Man spricht hier von "belasteter Anamnese".
Ein bewusstes Anstreben einer Schwangerschaft oder der Verzicht auf Kinder werden hier ebenfalls diskutiert.
Pränatale Vorsorge (Maßnahmen während der Schwangerschaft)
Die pränatalen Vorsorgemaßnahmen werden in zwei Gruppen unterteilt:
- Routineuntersuchung (Screening) und
- Untersuchungen bei Risikoschwangerschaften
Diese Maßnahmen werden zusammengefasst als Pränatale Diagnostik bezeichnet.
Ergeben sich bei den Vorsorge-Untersuchungen aus der Anamnese oder den Vorbefunden Anhaltspunkte für eine gestörte Entwicklung Ihres Babys, wird ein genetisches Beratungsgespräch notwendig.
Das genetische Beratungsgespräch konzentriert sich vor allem auf die Erläuterung der zusätzlichen Maßnahmen und der Konsequenzen aus der invasiven Pränataldiagnostik, die zur Abklärung des Verdachtes einer Schädigung des Feten angewendet werden müssen.
Eine genetische Familienberatung kann ferner notwendig werden, um genetische Risiken für die bestehende oder zukünftige Schwangerschaften genauer bestimmen zu können.
Indikationen zur genetischen Beratung sind:
- ein mütterliches Alter ab 35 Jahre
- eine belastende Eigen-oder Familienanamnese für genetische Erkrankungen
- Infektionen der Mutter während oder des Vaters vor der Gravidität
- Medikamenten- oder Strahlenexposition
- sonographische Auffälligkeiten
- Alkohol- oder Drogenabusus
- psychische Belastung
- pathologische Screeninguntersuchung
Im Beratungsgespräch werden Risiken der invasiven Pränataldiagnostik und Konsequenzen bei einem möglichen pathologischen Befund erläutert. Falls eine Therapie nicht möglich ist, besonders bei schweren genetischen Erkrankungen, kann ein Schwangerschaftsabbruch in Betracht gezogen und rechtzeitig durchgeführt werden.