Brustkrebs - Mammakarzinom
Zusammenfassung
Das Mammakarzinom ist die häufigste Krebserkrankung der Frau in Deutschland. So erkranken 8 - 10% aller Frauen irgendwann in ihrem Leben an diesem Krebs.
In seltenen Fällen sind auch Männer davon betroffen. Ein Altersgipfel liegt zwischen dem 45.- 50. und ein weiterer zwischen dem 60.- 65. Lebensjahr.
Risikofaktoren sind vor allem familiäre Belastungen, wie z.B. Brustkrebs in der Verwandtschaft, Übergewicht, späte oder keine Schwangerschaften, Hormontherapie (isoliert Östrogene) und die proliferative Mastopathie. Aufgrund der Häufigkeit und der deutlich besseren Prognose bei rechtzeitiger Diagnose ist die Früherkennung des Brustkrebses durch eine intensive Selbstuntersuchung, regelmäßige Kontrollen durch den Gynäkologen, sowie durch Mammographien in empfohlenen Intervallen dringend zu fordern.
Neben der Mammographie sind Ultraschall, Biopsie (Gewebsprobeentnahme) und MRT geeignete Maßnahmen zur Sicherung der Diagnose.
Räumliche Häufigkeitsverteilung von Brustkrebs
Therapie der Wahl ist die Operation, eventuell mit vorangehender Chemotherapie zur Verkleinerung des Tumors. Soweit möglich, wird der brusterhaltenden Operation der Vorzug gegeben. Bei ausgedehntem Tumor ist eine Amputation der Brust nicht zu vermeiden. In jedem Fall werden auch die Lymphknoten der Achselhöhle entnommen, um das Stadium der Erkrankung zu bestimmen. Zu diesem Zweck werden zusätzlich eine Ultraschalluntersuchung des Oberbauches und eine Knochenszintigraphie durchgeführt. Auch die genaue Gewebsuntersuchung ist für die weitere Behanlung entscheidend (vor allem die Bestimmung der sog. Hormon-Rezeptoren).
Die Nachbehandlung besteht aus Strahlentherapie, Chemotherapie und/ oder Hormonbehandlung sowie Nachsorgeuntersuchungen. Sie wird individuell,abhängig vom Alter der Patientin, der Empfindlichkeit des Tumors auf Hormone und vom Stadium der Erkrankung, festgelegt
Definition und Vorkommen
Unter einem Mammakarzinom versteht man eine bösartige Erkrankung der Brust. Das Mammakarzinom ist in der westlichen Welt die häufigste Krebserkrankung der Frau. Der Brustkrebs macht etwa 18% aller bösartigen Erkrankungen der Frau aus. Ungefähr 1 - 2 von 1000 Frauen erkranken in Deutschland jedes Jahr an diesem bösartigen Tumor. Von allen Frauen erkranken in Deutschland ca. 10% irgendwann in ihrem Leben an dieser Erkrankung. Die Altersgipfel liegen zwischen dem 45. und 50. sowie zwischen dem 60. und 65. Lebensjahr.
Denkt man sich ein Kreuz mit der Brustwarze als Zentrum, so kann man eine räumliche Häufigkeitsteilung in vier Quadranten vornehmen. Besonders häufig ist der obere äußere Quadrant befallen, da er auch den größten Teil der Brustdrüse enthält.
Die Ursache der Entstehung von Brustkrebs ist noch nicht völlig aufgeklärt. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass bei etwa 5% der erkrankten Frauen eine genetische Ursache mitverantwortlich ist. So steigt z.B. das Krebsrisiko von Menschen, bei denen eine Verwandte ersten Grades erkrankt ist auf das Dreifache. Bestimmte Veränderungen im Erbgut scheinen ferner die Tumorentstehung zu begünstigen, bewiesen wurde dies jedoch bisher nur für einige wenige Tumortypen. Die zunächst gutartige Vermehrung der Drüsenläppchen und des Bindegewebes, die sogenannte proliferative Mastopathie stellt einen weiteren Risikofaktor dar. Begünstigend für die Brustkrebsentstehung sind ferner eine fettreiche Nahrung, Exposition durch ionisierende Strahlung, Tabak- und Alkoholgenuss, sowie die langfristige Einnahme weiblicher Sexualhormone (Östrogene). Dagegen erhöht die Einnahme der „Pille" das Krebsrisiko anscheinend nicht.
Vorsorge und Erkrankungsrisiko
Die allgemeine Vorsorge besteht in einer Gewichtsreduktion, sowie in Alkohol- und Tabakabstinenz. Die Einnahme von Östrogenen, z.B. zur Linderung von Beschwerden während der Wechseljahre, sollt nur unter strenger ärztlicher Kontrolle und möglichst zeitlich begrenzt erfolgen. Die Entdeckung, dass der Östrogenspiegel bei Frauen nach den Wechseljahren die Krebsentstehung fördern kann, führte zu Überlegungen diesen medikamentös zu senken. Das seit Jahren in der Tumortherapie eingesetzte Antiöstrogen Tamoxifen führte tatsächlich zur Senkung des Tumorrisikos. Allerdings ist die Behandlung mit Tamoxifen mit einer Reihe von Nebenwirkungen verbunden. Da jedoch trotz einiger Studien, vor allem in den USA, immer noch keine ausreichenden Erfahrungen über die Wirksamkeit bei jahrelanger Einnahme vorliegen, kann diese Methode noch nicht allgemein empfohlen werden.
Entscheidende Bedeutung kommt weiter der Selbstuntersuchung zu. Sie umfasst die Inspektion und Abtastung der Haut von Brust und Achselhöhle. Verhärtungen, Knoten, nicht heilende Wunden, Einziehungen der Haut, Anschwellung der Lymphknoten oder Sekretionen aus der Brustdüse sind bis zum Nachweis des Gegenteils immer tumorverdächtig und bedürfen der ärztlichen Untersuchung.
Abgesehen von der empfehlenswerten Selbstuntersuchung haben Frauen ab dem 20. Lebensjahr in Deutschland einmal jährlich die Möglichkeit, kostenlos eine ärztliche Untersuchung zur Erkennung von Krebskrankheiten durchführen zu lassen. Bei Frauen zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr sollte einmal jährlich eine Mammographie durchgeführt werden. Danach gelten dreijährige Intervalle als ausreichend. Risikopatientinnen (häufige Krebserkrankungen in der Familie, proliferative Mastopathie usw.) sollten bereits ab dem 30. bis zum 60. Lebensjahr alle drei Jahre eine Mammographie durchführen lassen. Danach nimmt das Risiko ab.
Bereits seit längerer Zeit wurde angesichts gelegentlicher familiärer Erkrankungshäufigkeiten eine genetische Ursache der Tumorentstehung vermutet. In jüngster Zeit konnten drei Tumorgene BRCA-1,2 und 3 gefunden werden. Dabei ist BRCA die Abkürzung für Breast Cancer. Träger der Mutation in BRCA-1 haben ein um 85% erhöhtes Risiko, an Brustkrebs zu erkranken. Es sei erwähnt, dass bei Männern mit diesem Gendefekt, das Risiko an einem Prostakarzinom zu erkranken dreifach und an einem Darmkrebs zu erkranken vierfach erhöht ist. Die Mutation von BRCA-2 ist ebenfalls mit einem um 85% erhöhten Risiko einer Brustkrebsentstehung verbunden. Die Risikoerhöhung von BRCA-3 ist noch nicht ausreichend erforscht.
Da der Gentest aufwendig und teuer ist, werden nur bestimmte Patientinnen nach eingehender Untersuchung und Beratung getestet. Es wurden daher für diesen Test bestimmte Kriterien festgelegt:
• zwei Frauen einer Familie mit einem Mamma- oder Ovarial-Karzinom, von denen mindestens eine vor dem 50. Lebensjahr erkrankt ist
• eine Verwandte ersten Grades mit einseitigem Mamma-Karzinom vor dem 30. Lebensjahr
• eine Verwandte ersten Grades mit beidseitigem Mamma-Karzinom vor dem 40. Lebensjahr
• eine Verwandte ersten Grades mit Ovarial-Karzinom vor dem 40. Lebensjahr
• ein männlicher Verwandter mit Mamma-Karzinom
Da bisher jedoch keine spezifische Behandlungsmöglichkeit für Träger derartiger Mutationen besteht, beschränken sich die Maßnahmen auf eine monatliche Selbstuntersuchung und eine halbjährliche Vorsorgeuntersuchung ab dem 25. Lebensjahr.
Die meisten Tumoren entstehen jedoch durch spontane Mutationen und selbst beim Vorliegen der oben genannten Kriterien kann nur bei 15% dieser Personen die BRCA-1 Genmutation nachgewiesen werden. Ein negatives Testergebnis schließt außerdem nicht aus, dass möglicherweise noch weitere mutierte Genorte, die bisher noch nicht identifiziert wurden, vorliegen und von Bedeutung für die Tumorentstehung sind. Eine abschließende Bewertung eines Gentests steht deshalb noch aus.
Diagnostik und Stadieneinteilung
Beim geringsten Verdacht auf ein Mammakarzinom muss eine eingehende ärztliche Untersuchung durchgeführt werden. Neben der Erhebung der Krankengeschichte und genauer Abtastung beider Brüste, der Achselhöhlen und Schlüsselbeingruben wird eine Röntgenuntersuchung der Brust und eine Ultraschallunteruchung vorgenommen. Die Mammographie, also die Röntgenuntersuchung der Brust, gestattet den Nachweis von Mikroverkalkungen, Größe und Anzahl der Tumoren und eine Abgrenzung von gutartigen Veränderungen. Der Mikrokalk, der sich in den Gängen des befallen Brustgewebes ansammelt, ist ein indirekter Hinweis für einen unter Umständen noch sehr kleinen Tumor.
Die Ultraschalluntersuchung, gemeinsam mit der Mammographie erhöht die diagnostische Sicherheit erheblich. Im Zweifelsfalle kann unter Ultraschallkontrolle mit einer feinen Nadel eine Gewebeprobe (Biopsie) zur mikroskopischen Untersuchung entnommen werden. Mammographie und Ultraschall werden außerdem unmittelbar vor der Operation benötigt, um den Operationsbereich genau zu markieren. Eine Computertomographie, die nuklearmedizinische Untersuchung der Knochen (Knochenszintigraphie) und eine Ultraschalluntersuchung der Leber geben Hinweise auf möglicherweise vorhandene Tochtergeschwülste. Vor einer Operation können die Tumormarker CEA und CA 15-5 im Blut bestimmt werden. Tumormarker sind körpereigene Stoffe im Blut, die im Zusammenhang mit malignen Erkrankungen vermehrt im Blut auftreten. Postoperativ kann ein erneuter Anstieg dieser Tumormarker ein Wiederauftreten des Tumors ankündigen. Das Ergebnis der mikroskopischen Gewebeuntersuchung (Histologie) gibt Aufschluß über den Tumortyp und den Grad seiner Aggressivität (Grading). Die Untersuchung des operativ gewonnen Tumors und der Lymphknoten gestattet einen Überblick über den Umfang der Tumoraussaat, also von Metastasen. Unabhängig davon wird an einer Tumorprobe untersucht, ob sie Rezeptoren für das weibliche Sexualhormon Östrogen enthält. Östrogen kann das Tunorwachstum stimulieren. Umgekehrt kann durch dessen Entzug das Tumorwachstum gebremst werden. Die Ergebnisse der Untersuchungen können in das sogenannte TNM- (Tumor, Lymphknoten, Metastase) Schema eingeordnet werden. Daraus ergibt sich wiederum eine Einteilung in Stadien. Diese Stadieneinteilung zusammen mit der Histologie bestimmt die Prognose und die Behandlungsstrategie. Da die Histologie bereits während eines operativen Eingriffs vorgenommen wird (Schnellschnitt), kann der Umfang der Operation erheblich beeinflusst werden.
Alle Tumoren der Brust können grob in Milchgangskarzinome, auch duktales Karzinom, und in Läppchenkarzinome auch lobuläres Karzinom unterschieden werden.
Art des Brustkrebses | Häufigkeit in % |
infiltrierend duktales Karzinom | 75 |
Kolloidkarzinom | 15 |
lobulär invasives Karzinom | 10 |
tubuläres Karzinom | selten |
adenozystisches Karzinom | selten |
papilläres Karzinom | selten |
Häufigste Tumorformen |
Mammakarzinom des Mannes
Diese Erkrankung ist bei Männern selten. Allerdings wird sie meist erst in fortgeschrittenem Krankheitsstadium entdeckt. Da dann die Fascie des Brustmuskels oft schon überschritten ist, muss dieser dann mitentfernt werden. Ebenso wie bei der Frau spielt der Umfang des axillären Lymphknotenbefalls eine entscheidende prognostische Rolle. Die Therapie und Nachsorge unterscheidet sich von der bei erkrankten Frauen nicht. Allerdings ist die Prognose wegen des häufig bei Entdeckung fortgeschritten Tumorstadiums meist ungünstiger als bei der Frau.
Inflammatorisches Mammakarzinom
Unabhängig vom Karzinomtyp können Tumorzellen in die unter der Haut gelegenen Lymphbahnen einbrechen. Dadurch kommt es zum Lymphstau und zur Schwellung ausgedehnter Hautareale. Die Haut ähnelt dann dem Aussehen einer Orange oder zeigt eine einer Entzündung ähnliche Rötung, daher der Name inflammatorisches Karzinom. Die Prognose ist besonders ungünstig und erfordert eine intensive Polychemotherapie mit einer anschließenden Operation und/oder Bestrahlung.
Therapie
Ausschlaggebend für die Wahl der Therapiemaßnahmen sind die Tumorgröße, die histologischen Eigenschaften des Tumors, der Hormonrezeptorstatus, die Metastasierung sowie der Menopausen-Status. Neben der Operation und der Strahlentherapie sind die adjuvante bzw. neoadjuvante Chemotherapie und Hormontherapie heute etabliert. Eine adjuvante Therapie, also eine Zusatztherapie, ist der Primärtherapie, also der Operation und Strahlentherapie, nachgeschaltet, die neoadjuvante Therapie erfolgt vor der Operation.
Primärtherapie
Radikaloperation
Die Radikaloperation, also die Entfernung der gesamten Brust, muss heute nur noch bei ca. einem Drittel der Patientinnen erfolgen. Sie sollte immer dann vorgenommen werden, wenn der Tumor größer als 2 cm ist, ein ungünstiges Verhältnis zwischen Tumorgröße und Restbrustgewebe besteht sowie ungünstige histologische Eigenschaften vorliegen, wie z.B. Multizentrizität, oder eine ausgedehnte Lymphangiosis carcinomatosa.
Bei einer Radikaloperation wird der gesamte Drüsenkörper, also die gesamte Brust, entfernt. Es existieren verschiedene Möglichkeiten, nach einer solchen ausgedehnten Operation die Brust zu rekonstruieren. Dabei kann die Rekonstruktion sofort anschließend an die Radikaloperation erfolgen. Es können aber auch Wochen bis Jahre zwischen beiden Operationen vergehen. Eine Rekonstruktion der Brust ist einerseits mit körpereigenem Gewebe, z.B. Muskelgewebe oder Gewebe aus der Bauchdecke, möglich, andererseits stehen Prothesen aus Kunststoffbeuteln zur Verfügung, die mit verschiedenen Materialen wie z.B. Silikon gefüllt sind. Da bisher nicht befriedigend geklärt ist, ob bei beschädigten Prothesen eventuell austretendes Silikon zu Nebenwirkungen im gesamten Körper führt, werden auch alternative Materialien wie Kochsalzlösungen eingesetzt. Ein wesentlicher Nachteil von Prothesen besteht in der Ausbildung bindegewebiger Kapseln um den Fremdkörper. Die dadurch verursachte derbe Verhärtung beeinträchtigt nicht nur das kosmetische Ergebnis sondern erschwert auch die Diagnostik eines möglichen Rezidivs, also eines Rückfalls der Erkrankung.
Um bestmögliche kosmetische Ergebnisse zu erzielen, erfolgt gleichzeitig mit der Rekonstruktion auf der erkrankten Seite, die Angleichung der gesunden Seite.
Brusterhaltende Operation
Bei ca. 65 % der Patientinnen ist eine brusterhaltende Operation in Kombination mit einer Strahlentherapie möglich. Voraussetzung dafür ist eine Tumorgröße von maximal 2 cm, wobei bei einer großen Brust auch Ausnahmen von dieser Regel möglich sind. Der Tumor sollte aber auf einen einzigen Herd beschränkt sein.
In Abhängigkeit von der Größe des entfernten Gewebes kann für ein besseres kosmetisches Ergebnis eine kleine Prothese in die Operationshöhle eingelegt werden. Das Rezidivrisiko nach einer brusterhaltenden Operation ist im Vergleich zu einer Radikaloperation erhöht. Durch die anschließende postoperative Bestrahlung des Restbrustgewebes kann dieses Rezidivrisiko um bis zu 20% gesenkt werden. Heutzutage sollte keine brusterhaltende Operation ohne Strahlentherapie erfolgen!
Unabhängig vom Ausmaß der Operation müssen die Lymphknoten in der Achselhöhle der betroffenen Seite entfernt werden. Es sollten mindestens 10 Lymphknoten entnommen werden und auf das Vorhandensein von Metastasen untersucht werden. Der Lymphknotenstatus ist das entscheidende Kriterium für die weitere Therapie und der wesentliche Faktor für die Beurteilung der Prognose der Erkrankung.
Um den Frauen die operative Ausräumung der Lymphknoten mit ihren zum Teil unangenehmen Folgen, wie Bewegungseinschränkungen, Gefühlsstörungen oder Lymphödem zu ersparen, wird nach neuen Methoden gesucht, die eine Aussage zum Befall der Lymphknoten gestatten. Zur Zeit wird im Rahmen von Studien die Sentinel-Node-Biopsie untersucht. Dabei wird ein Radionuklid in die Umgebung des Mammakarzinoms injiziert und anschließend mit einem Detektor geprüft, ob sich das Radionuklid in einem Lymphknoten angereichert hat. Ist dies der Fall, wird der anreichernde Lymphknoten entfernt und histologisch untersucht. Ist er metastatisch befallen, schließt sich eine operative Ausräumung der Achselhöhle an. Ist dieser Lymphknoten nicht verändert, wird auf die Operation der Achselhöhle verzichtet. Man geht davon aus, dass gesunde Lymphknoten das Radionuklid nicht speichern. Bei einem speichernden Lymphknoten spricht man auch vom "Wächterlymphknoten".
Strahlentherapie
Die Strahlentherapie ist in der Behandlung von Mammakarzinomen unverzichtbar. Die brusterhaltende Operation muss immer von einer Strahlentherapie der Restbrust gefolgt werden. Nach einer Radikaloperation muss anhand histologischer Faktoren individuell geprüft werden, ob eine Strahlentherapie notwendig ist. Dazu gehören z.B. Tumoren größer 5 cm und eine Infiltration des Brustmuskels.
Die Bestrahlung wird heute mit Linearbeschleunigern durchgeführt mit einer maximalen Energie von 20 MeV. Die Behandlung jeder einzelnen Patientin wird individuell mit Hilfe computergestützter Bestrahlungsplanungssysteme auf der Basis zuvor angefertigter Bestrahlungsplanungs-Computertomographien festgelegt. Mit der modernen Technik konnte nicht nur die Wirksamkeit der Behandlung verbessert sondern auch die Nebenwirkungsrate erheblich gesenkt werden.
Die Bestrahlung wird an fünf Tagen in der Woche durchgeführt. Die Gesamtdauer richtet sich nach der Höhe der Einzel- und der Gesamtdosis uns beträgt im Mittel zwischen 5 und 7 Wochen. Die einzelne Bestrahlung dauert nur wenige Minuten und wird von der Patientin nicht wahrgenommen, sie ist insbesondere nicht schmerzhaft. Um eine Reizung der Haut zu meiden, sollten während der Strahlentherapie mechanische, thermische und chemische Belastungen vermieden werden. Die tägliche Anwendung von Puder kann eine Rötung der Haut hinausschieben, die nach Abschluß der Therapie wieder verschwindet. Gegen Ende der Strahlentherapie sind die Patientinnen häufig körperlich erschöpft und fühlen sich müde. Diese Beschwerden bessern sich jedoch innerhalb weniger Wochen wieder. Gelegentlich sind bleibende Veränderungen, wie eine verstärkte Pigmentierung der Haut sowie kleine, spinnenartig erweiterte Blutgefäße im Strahlenfeld zu beobachten.
In Abhängigkeit des histologischen Befundes muss für jede Patientin individuell entschieden werden, ob neben der Bestrahlung der Restbrust bzw. der Brustwand auch die Lymphabflusswege in der Achselhöhle, der Schlüsselbeingrube oder der mittleren Brustwand mitbestrahlt werden müssen.
Adjuvante Therapie
Die adjuvante, also zusätzliche, Therapie ist eine medikamentöse Therapie, die als Hormontherapie, Chemotherapie oder als Kombination aus beidem nach der Primärtherapie erfolgt. Durch die adjuvante Therapie sollen zum Zeitpunkt der Primärtherapie vorhandene Mikrometastasen erreicht werden. Die Wahl des Therapieverfahrens ist in erster Linie vom Lymphknotenstatus abhängig. Weitere Faktoren die berücksichtigt werden müssen, sind der Hormonrezeptorstatus des Tumors sowie der Menopausen-Status der Patientin.
Zur Erläuterung der wichtigsten Begriffe dient die folgende Tabelle
Lymphknotenstatus | |
Keine Lymphknotenmetastasen in den Achsellymphknoten | Nodal-negativ |
Lymphknotenmetastasen in den Achsellymphknoten vorhanden | Nodal-positiv |
Hormonrezeptorstatus | |
Tumorgewebe hat keine Hormonrezeptoren | Hormonrezeptor-negativ |
Tumorgewebe hat Hormonrezeptoren | Hormonrezeptor-positiv |
Menopausenstatus | |
Vor der Menopause, also vor der letzten Regelblutung | Prämenopausal |
Nach der Menopause, nach der letzten Regelblutung | Postmenopausal |
Ob bei Patientinnen mit nodal-negativem Mammakarzinom eine adjuvante Therapie eingeleitet werden muss, richtet sich nach dem individuellen Risiko der Patientin, zu einem späteren Zeitpunkt Metastasen zu entwickeln. In die Risikoabschätzung gehen Faktoren wie die Tumorgröße, der histologische Tumortyp sowie der Grad der Aggressivität ein. Man teilt die Patientinnen dann einem geringen, mittleren oder hohen Risiko zu.
Prinzipiell stehen sowohl bei nodal-negativen Mammakarzinomen ausgehend vom Menopausenstatus und dem Hormonrezeptorstatus folgende Therapiemöglichkeiten entsprechend der Risiokoeinschätzung zur Auswahl:
Geringes Risiko | Mittleres Risiko | Hohes Risiko | |
Prämenopausal | |||
Hormonrezeptor- positiv | Keine adjuvante Therapie oder Tamoxifen | Tamoxifen ± Chemotherapie | Tamoxifen ± Chemotherapie |
Hormonrezeptor- negativ | Keine adjuvante Therapie | Keine adjuvante Therapie | Chemotherapie |
Postmenopausal | |||
Hormonrezeptor-positiv |
Keine adjuvante Therapie oder Tamoxifen/AH | Keine adjuvante Therapie oder Tamoxifen/AH | Chemotherapie +/- Tamoxifen/AH |
Hormonrezeptor-negativ |
Keine adjuvante Therapie | Keine adjuvante Therapie | Chemotherapie |
Senium (> 70 Jahre) | Keine adjuvante Therapie oder Tamoxifen/AH | Keine adjuvante Therapie oder Tamoxifen/AH | Wenn Hormonrezeptor-positiv : Tamoxifen/AH |
Bei Patientinnen mit einem nodal-positiven Mammakarzinom erfolgt immer eine adjuvante Therapie, die der für Patientinnen mit nodal-negativem Mammakarzinom aber mit hohem Risiko entspricht. Ein Unterschied besteht in der Wahl des Chemotherapie-Schemas.
Chemotherapie
Die Wirksamkeit der Chemotherapie ist vom Menopausenstatus der Patientin abhängig. Die Rezidivwahrscheinlichkeit kann bei prämenopausalen Frauen um bis zu 37 %, bei postmenopausalen Frauen immerhin noch zu ca. 20 % gesenkt werden.
Die klassische Chemotherapie beim Mammakarzinom erfolgt nach dem CMF-Schema mit den Substanzen Cyclophosphamid+Metotrexat+5-Fluorouracil über insgesamt 6 Zyklen. Dieses Chemotherapie-Schema wird hauptsächlich in der adjuvanten Therapie des nodal-negativen Mammakarzinom entsprechend der Risikoeinschätzung eingesetzt. In den letzten Jahren wird beim nodal-positiven Mammakarzinom zunehmend alternativ zum CMF-Schema auch eine anthrazyklin-haltige Chemotherapie nach dem EC-Schema mit Epirubicin+Cyclophosphamid, nach dem AC-Schema mit Adriamycin+Cyclophosphamid bzw. nach dem FEC-Schema mit 5-Fluorouracil+Epirubicin+Cyclophosphamid eingesetzt. Hier werden 4 Zyklen verabreicht.
Hormontherapie
Zur Hormontherapie stehen verschiedene Substanzen zur Verfügung, die sich in ihrer Wirkungsweise unterscheiden. Bisher besteht die Therapie der Wahl in der Gabe das Antiöstrogens Tamoxifen. Tamoxifen verhindert die Bindung von Östrogen an die Östrogenrezeptoren, indem es selbst an die Östrogenrezeptoren bindet und diese damit besetzt, man spricht von einer kompetitiven Hemmung. Tamoxifen ist bei prä- und postmenopausalen Frauen gleich gut wirksam. Standard ist die Einnahme über fünf Jahre. Die Auswertung mehrerer Studien hat gezeigt, dass Tamoxifen bei rezeptor-negativen Patientinnen nicht gegeben werden sollte und andererseits bei rezeptor-positiven Patientinnen eine kombinierte Hormon-Chemotherapie von Vorteil ist. Neue Antiöstrogene, wie z.B. Toremifen, oder selektive Östrogenrezeptormodulatoren wie Raloxifen werden derzeit in mehreren Studien hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und Verträglichkeit untersucht.
Als weitere hormonbezogene Therapien sind einige sog. Aromatasehemmer (AH) zugelassen worden: Exemestan (Aromasin), Letrozol (Femara), Anostrozol (Arimedex). Aromatasehemmer sind Substanzen, die ein Enzym, nämlich die Aromatase, hemmen, das für die Bildung von Östrogen außerhalb der Eierstöcke von Bedeutung ist. Die Wirkung besteht also in einer Hemmung der Östrogenproduktion. Der Einsatz dieser Medikamente ist demnach nur bei Frauen nach der Menopause bzw. nach einer Entfernung der Eierstöcke sinnvoll. Wichtig zu wissen ist, dass die Aromataseaktivität nach der Menopause physiologisch gesteigert ist.
Eine weitere, derzeit nicht von allen Experten favorisierte Behandlungsmöglichkeit im Rahmen der Hormontherapie besteht in der Ovarektomie, also der Entfernung der Eierstöcke, bzw. in einer medikamentösen Behandlung mit GnRH-Analoga, dies sind Substanzen, die die Produktion von Östrogen und Progesteron in den Eierstöcken ausschalten.
Therapie des metastasierten Mammakarzinoms
Von einem metastasierten Mammakarzinom spricht man, wenn sich Fernmetastasen, z.B. in der Leber, dem Knochen oder dem Hirn, gebildet haben. Bei Patientinnen mit Fernmetastasen muss abgewogen werden, ob eine Chemotherapie oder eine Hormontherapie oder eine Kombination eingesetzt wird.
Chemotherapie
Bei hormonrezeptor-negativen Tumoren, kurzem Zeitabstand zwischen der Therapie des Mammakarzinoms und dem Auftreten der Metastasen und schnellem Wachstum der Metastasen wird im Allgemeinen der Chemotherapie der Vorzug gegeben. Dabei kommen einerseits die bereits oben beschriebenen Chemotherapie-Schemata zum Einsatz. Andererseits haben sich zunehmend auch andere Substanzen, wie z.B. die Taxane Paclitaxel (Taxol) und Docetaxel (Taxotere) bei Metastasen als wirksam erwiesen. Der Nutzen weiterer Substanzen, wie z.B. Gemcitabin (Gemzar), Capecitabin (Xeloda) oder des liposomalen Doxorubicin (Caelix) wird in Studien geprüft.
Hormontherapie
Patientinnen mit hormonrezeptor-postitivem Mammakarzinom, einem langen Zeitraum zwischen der Therapie des Mammakarzinoms und dem Auftreten der Metastasen, nicht unmittelbar lebensbedrohenden Metastasen oder eingeschränktem Allgemeinzustand können eine Hormontherapie erhalten, die wesentlich besser verträglich ist als die Chemotherapie. Es sind Ansprechraten von bis zu 60 % beschrieben worden. Selbst bei hormonrezeptor-negativen Patientinnen können in bis zu 25 % der Fälle Besserungen durch eine Hormontherapie erzielt werden.
Die Hormontherapie erfolgt nach den selben Prinzipien wie in der adjuvanten Therapie beschrieben. Bei postmenopausalen Patientinnen sind die Aromatasehemmer aufgrund neuer Studiendaten insbesondere in der primären Hormontherapie des metastasierten Mammakarzinoms am wirkungsvollsten und werden eventuell Tamoxifen als Mittel der ersten Wahl ablösen.
Immuntherapie
Es gibt Frauen, bei denen das Mammakarzinom bestimmte Rezeptoren auf der Zelloberfläche trägt, die histologisch nachgewiesen werden können und mit HER2 bezeichnet werden. In den letzten Jahren wurde ein Antikörper entwickelt, der an diese speziellen HER2-Rezeptoren binden kann und eine Zerstörung der Tumorzelle bewirkt. Dieser Antikörper wird als Trastuzumab bezeichnet, das Medikament heißt Herceptin. Bisher ist der Einsatz nur unter Studienbedingungen bei Patientinnen mit metastasiertem Mammakarzinom, dem Nachweis der HER2-Rezeptors sowie mindestens zwei vorangegangenen Chemotherapien möglich. Der Antikörper kann sowohl allein als auch in einer Kombination mit einer Chemotherapie gegeben werden.
In der Forschung sind zahlreiche weitere Antikörper, die sich gegen essentielle Merkmale der einzelnen Tumorarten richten und die Tumoren bzw. die Metastasen gezielt vernichten können.
Strahlentherapie
In Abhängigkeit von der Art der vorliegenden Metastasierung ist eine Strahlentherapie sinnvoll. Eine Bestrahlung ist immer dort notwendig, wo örtlich begrenzt Beschwerden bestehen und die Metastasen empfindlich auf Strahlen reagieren. Dazu zählen in erster Linie Knochenmetastasen und Hirnmetastasen.
Neben den bisher beschriebenen Therapiemöglichkeiten können beim Vorliegen von Knochenmetastasen außerdem Bisphosphonate mit guten Erfolg eingesetzt werden, die einen weiteren Knochenabbau vermindern und damit neben einer Schmerzlinderung auch das Frakturrisiko, also das Risiko eines Knochenbruches, herabsetzen.